Studie zur Chancengleichheit: Soziale Spaltung im Bildungssystem bleibt
„Aufstieg durch Bildung“ versprachen die Regierungschefs der Länder beim Dresdner Bildungsgipfel vor zehn Jahren. Alle Kinder sollen die gleichen Bildungschancen haben, so lautete das erklärte Ziel. Was ist daraus geworden?
Die Ergebnisse einer Analyse des Bildungsforschers Prof. Dr. Klaus Klemm, die er im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbundes durchführte, sind ernüchternd: Kinder, die aus Arbeiterfamilien oder aus Familien mit Migrationshintergrund stammen, haben immer noch deutlich schlechtere Chancen im deutschen Bildungssystem als andere.
Sein Fazit: „Deutschlands Kindertagesstätten und Schulen bauen die Spaltung der Gesellschaft in Gewinner und Verlierer nicht ab, sondern verfestigen sie. Personalnot, mangelnde Ausstattung für inklusives Lernen oder die Integration von Flüchtlingen – wenn Knappheit herrscht oder ein System nicht funktioniert, trifft es die Gruppe der sozial Schwächsten am stärksten.“
Weil Wohngebiete immer weniger sozial durchmischt seien, blieben Kinder der verschiedenen sozialen Schichten oft unter sich. Hinzu komme, dass viele gut ausgebildete Lehrer lieber in gutbürgerlichen Stadtteilen unterrichteten, während Schulen in sozial schwierigen Vierteln oft auf Quereinsteiger zurückgreifen müssten. „Die schon privilegiert sind, bekommen mehr, die anderen fallen hinten runter.“, sagt der Forscher.
Auch Herkunft wird benotet
Die Studie zeigt, dass gerade beim Wechsel auf eine weiterführende Schule von Chancengerechtigkeit keine Rede sein kann. In allen Bundesländern sei der Übergang zum Gymnasium in hohem Maße von der sozialen Herkunft bestimmt, so Klemm. Im Schnitt habe ein Kind aus einer Akademikerfamilie bei gleichen kognitiven Fähigkeiten eine 3,8-mal größere Chance auf eine Gymnasialempfehlung, als ein Kind aus einer Facharbeiterfamilie.
Wenn es darum geht, wer nach der Schule ein Studium aufnimmt, zeigen sich ebenfalls große soziale Unterschiede: Aus Familien, in denen mindestens ein Elternteil einen akademischen Abschluss hat, studieren 79 Prozent der Kinder. Aus Familien, in denen beide Elternteile keinen beruflichen Abschluss haben, dagegen nur 12 Prozent.
Prof. Klemm: „Allen Versprechungen zum Trotz: Das Bildungs- und Ausbildungssystem Deutschlands lässt zu viele Menschen zurück.“
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